Wo kommt iiRDS her?
Der Ursprung dieses Standards geht auf die Gründung einer Arbeitsgruppe des Fachverbandes tekom im Jahr 2016 zurück, welche sich mit der Themenstellung „Information 4.0“ auseinandersetzen sollte. Schnell wurde den Teilnehmern klar, dass ein Informationsaustausch nach dem Leitgedanken von Industrie 4.0 nur auf Basis einheitlicher Schnittstellen und Inhaltsbeschreibungen möglich ist. Da ein solcher Standard aber noch nicht existierte, wurde 2018 ein Konsortium gegründet mit dem Ziel den iiRDS – intelligent information Request and Delivery Standard – zu etablieren. Im selben Jahr wurde bereits die Version 1.0 von iiRDS veröffentlicht und seither kontinuierlich weiterentwickelt. 2020 wurde der Standard offiziell in die „German Standardization Roadmap Industry 4.0“ aufgenommen und ist damit zum anerkannten Austausch-Standard von Produktinformationen aufgestiegen.
Was ist das revolutionäre an iiRDS?
Mit iiRDS erhält man ein vordefiniertes Metadaten-Konstrukt, mit dessen Hilfe beliebige Informationsinhalte beschrieben bzw. klassifiziert und zwischen einem Sender und Empfänger ausgetaucht werden können.
Der Standard ist bidirektional ausgelegt und unterstützt sowohl die Abfrage als auch Bereitstellung von Informationen. Für beide Kommunikationsrichtungen sind daher Metadaten zur Identifikation des erforderlichen Kontextes notwendig, die im Standard entsprechend definiert bzw. einheitlich beschrieben sind.
Damit ist es möglich, digitale Inhalte zu einem Produkt zum richtigen Zeitpunkt individualisiert der richtigen Person (entsprechend dem Anwendungsfall) zukommen lassen zu können.
Im Unterschied zu DITA (Darwin Information Typing Architecure) oder DocBook ist iiRDS ausschließlich auf den Datenaustausch ausgelegt und NICHT auf den Prozess der Dokumentationserstellung ! Somit können z.B. aus einem DITA basierten Dokument unterschiedliche Metadaten automatisiert extrahiert und nach iiRDS überführt werden, aber beide Bereiche sind getrennt voneinander zu betrachten!
Der Kern von iiRDS im Kurzüberblick
Rein technisch betrachtet basiert der Standard auf dem Kernobjekt der „InformationUnit“ und dem zugeordneten Metadatum des „InformationType“.
Wie in der Abbildung dargestellt, kann die InformationUnit in verschiedene Subtypen unterschieden werden. Heutzutage liegt der Fokus noch auf den Dokumenten, welche über das zugeordnete Metadatum DocumentType klassifiziert bzw. spezifiziert werden. Mit iiRDS werden alle in der Richtlinie VDI 2770 definierten Dokumententypen bereits mitgeliefert und darüber hinaus noch weitere angeboten. Hier liegt somit der Zusammenhang zwischen iiRDS und der Richtlinie VDI 2770!
Das Besondere am iiRDS-Konstrukt sind jedoch nicht diese beiden Kernobjekte, sondern der generische Ansatz zur Abbildung/Modellierung von Informationsabhängigkeiten. So können durch die Verknüpfung von „Knoten“ (wie z.B. Document & DocumentType) mittels Beziehungstypen (Kanten/ Relation -> farbige Pfeile in der Abbildung) beliebig komplexe Semantiken bzw. Ontologien abgebildet werden. Diese „Wissensnetze“ sind der eigentliche Kern und Innovationsschub von iiRDS, das ein solides Grundnetz vorgibt, dieses aber flexibel auf das firmen- bzw. produktspezifische Knowhow abgestimmt werden kann. So gibt es beispielsweise die sogenannten „functionalMetadata“ mit entsprechenden Unterklassen, die zur Beschreibung der funktionalen Struktur eines Produktes vorgesehen sind.
Ja, zugegeben, das ist alles etwas abstrakt und wenig greifbar, aber wie kann iiRDS nun den Austausch von Dokumenten, wie in der Richtlinie VDI 2770 vorgeschlagen, vereinfachen?
iiRDS als Container der VDI 2770!
In der Richtlinie VDI 2770 wird vorgeschlagen, Dokumentationen (- Betriebsanleitungen, Produktblätter, Aufstellpläne etc) als PDF/A-Dokumente zu generieren, mit der Dokumentenklassifikation im XML-Format zu beschreiben und alles in einem zip-Container zu sammeln und zu verschicken.
Genau das und noch mehr bietet iiRDS!
Der sogenannte „iiRDS-Container“ kann die von der Richtlinie VDI2770 geforderten Daten bereitstellen…kleiner Unterschied: Die Metadaten werden nicht im .xml-, sondern .rdf -Format gespeichert, welches als Standard zur Beschreibung von Metadaten konzipiert wurde und heute zur Beschreibung beliebig verknüpfter Objekte verwendet wird.
Wo die VDI-Richtlinie aber schon endet, fangen die Möglichkeiten von iiRDS gerade erst an! So können neben dem Metadatum des Dokumententyps noch zusätzliche Verknüpfungen zu Produktfamilien, Anwendern, Baujahr-Differenzierung (als spezifische Erweiterung), etc. vorgenommen werden. Zudem kann das Dokument an sich in Topics oder noch kleinere Fragmente unterteilt und damit eine Suche z.B. nach einem spezifischen Fehlercode einer Maschine gezielt beantwortet werden. Solchermaßen aufbereitete Informationen können dann verschiedensten Abnehmern und Systemen wie z.B. Portalen, Chatbots, Apps, etc. bereitgestellt werden, womit Sie einen zentralen „Info-Hub“ des Unternehmens schaffen!
Wie kann man die Potentiale von VDI 2770 und iiRDS nutzen?
Wie mit dem Titel des ersten Blogbeitrages bereits angedeutet „Das Eine tun ohne das Andere zu lassen“ können Unternehmen die Richtlinie VDI 2770 mit iiRDS vollständig bedienen und erhalten zudem einen einfachen Einstieg in die Welt der Metadaten und semantischen Abhängigkeiten.
In einem nächsten Schritt lässt sich dann die Dokumentation, welche nach VDI 2770 im PDF-A-Format geliefert wurde, in einzelne Informationsblöcke wie Topics oder sogar Fragmente (z.B. Handlungsanweisungen) unterteilen, die dann schon im iiRDS-kompatiblen XHTML5-Format bereitgestellt werden können. Damit werden alle Web orientierten Funktionalitäten, wie z.B. das Responsive Webdesign unterstützt!
Durch die kontinuierliche Verbesserung der Informationsversorgung der unterschiedlichen Nutzer und der verschiedenen Anwendungsfälle mittels granularer Informationsblöcke lassen sich kurz- und mittelfristig Systemschnittstellen automatisieren/beschleunigen und letztlich die Marktposition im Wettbewerb festigen!
Die Verwendung von iiRDS darf nicht als Hürde angesehen werden, wenngleich auf den ersten Blick der Umgang mit strukturierten Metadaten etwas herausfordernd zu sein scheint. Aber gerade mit einer ersten Anwendung der Richtlinie VDI 2770 ist iiRDS die Voraussetzung, um für die digitale Zukunft einer Informationsbereitstellung gut gerüstet zu sein.
Was spricht gegen die Verwendung von iiRDS?
Gute Frage…NICHTS, denn es ist nur eine Frage der Zeit wann ein Unternehmen seine Produktinformationen in einem standardisierten Format bereitstellen muss, bzw. der Markt (bzw. Gesetzgeber oder Kunden) dieses fordert!
Die Frage, ob dieser Standard in Zukunft iiRDS sein wird, kann heute nicht mit Gewissheit beantwortet werden, aber der Austausch von Informationen wird definitiv Metadaten erfordern. Somit ist der Aufbau von Metadatenbeschreibungen so oder so erforderlich und deren Umsetzung in einen konkreten Austauschstandard nur noch “Fleißarbeit”.
Der Ratschlag für Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau kann somit nur sein, die Dokumentenklassifizierung entsprechend Richtlinie VDI 2770 einzuführen und die Bereitstellung mittels iiRDS zumindest schon einmal zu prüfen!